Welches Pflegeprogramm braucht die Haut vor dem Schlafengehen?
Fettcreme, Maske oder gar nichts? Dermatologin Amanda Zbyszewski erklärt, wie sich unsere Haut über Nacht am besten regenerieren kann. Und wie man länger frisch aussieht
Wer sich im Dschungel an Pflegeprodukten nicht mehr auskennt, wird von Dr. Amanda Zbyszewski beraten.
STANDARD: Was heißt das eigentlich, wenn davon die Rede ist, dass sich „die Haut über Nacht regeneriert“?
Zbyszewski: Über Nacht werden verschiedene Hormone und Vitamine ausgeschüttet. Dadurch kann die Haut Energie tanken und sich erholen.
STANDARD: Was braucht die Gesichtshaut vor der Nachtruhe?
Zbyszewski: In erster Linie ist die Reinigung wichtig, egal ob man geschminkt war oder nicht. Untertags sammeln sich Schmutz, Staub und Talg an der Hautoberfläche, was vor dem Schlafen entfernt gehört.
STANDARD: Mit speziellen Produkten oder reicht Seife?
Zbyszewski: Es kommt ein bisschen auf den Hauttyp an. Mizellenwasser reinigt sanft und ist deshalb für fast alle gut verträglich. Bei trockener Haut sollte man eher zu Waschgels, bei fettiger Haut zu Reinigungsmilch greifen. Seife ist keine gute Idee, da sie den Säureschutzmantel der Haut auf lange Sicht beeinträchtigt. Ihr pH-Wert weicht zu stark von dem der Haut ab.
STANDARD: Was passiert, wenn man regelmäßig ohne Abschminken ins Bett geht?
Zbyszewski: Das sollte wirklich die Ausnahme sein. Reinigung ist das Um und Auf! Die Poren können sonst verstopfen, was die Haut am Atmen hindert. Außerdem können Rötungen und trockene Stellen entstehen.
STANDARD: Wenn das Gesicht erst einmal gereinigt ist, was kommt dann: Creme oder keine Creme?
Zbyszewski: Ich bin auf jeden Fall fürs Eincremen, weil es der Haut beim Regenerieren hilft. Dabei sind einige Wirkstoffe besonders gut für die Nachtpflege geeignet: zum Beispiel Retinol, das die Zellerneuerung unterstützt. Menschen mit empfindlicher Haut sollten damit aber vorsichtig sein, da es sie austrocknen kann. Bei trockener Haut sind Säuren wie AHA (Alphahydroxysäure) und BHA (Betahydroxysäure) besser geeignet, die sanft alte Hautschüppchen entfernen und so das Hautbild verfeinern. Auch gut ist Niacinamid, ein B-Vitamin, das die Hautbarriere stärkt und Pickeln vorbeugt.
STANDARD: Was sind häufige Fehler bei der Gesichtspflege?
Zbyszewski: Zu aggressive Reinigung durch Seife oder tägliche Peelings schädigt die Haut, auf Reinigung zu verzichten aber auch. Viele vergessen außerdem, den Hals mitzubehandeln. Zu lange am selben Kopfpolster zu schlafen, kann auch zum Problem werden, weil sich die abgestorbenen Hautschuppen dort sammeln. Übertriebene Pflege kann die Haut übrigens überfordern und erst recht Unreinheiten provozieren.
STANDARD: Was können wir im Alltag in Sachen Anti-Aging tun?
Zbyszewski: Schon ab 25 Jahren nimmt die Zellerneuerung ab. Das ist also der Zeitpunkt, ab dem Produkte mit Anti-Falten-Wirkung Sinn machen. Da aber gut 80 Prozent der Hautalterung der UV-Strahlung zugeschrieben wird, ist das Tragen von Lichtschutzfaktor das Wichtigste: im Idealfall das ganze Jahr mindestens Faktor 30. Bei starkem Sonnenschein empfehle ich 50er-Schutz, auch um das Krebsrisiko zu reduzieren. Ansonsten: viel Wasser trinken, nicht rauchen, ausreichend schlafen.
STANDARD: Bevor man in den Tag startet, ist also eine Creme mit Lichtschutzfaktor das Must-have?
Zbyszewski: Absolut! Antioxidantien wie Vitamin C sind am Morgen auch gut, da sie vor freien Radikalen schützen. Denen sind wir nämlich den ganzen Tag durch Luftverschmutzung, Stress oder UV-Licht ausgesetzt.
STANDARD: Auf Social Media findet man diverse Massagetechniken für das Gesicht, entweder mit den Händen oder Rollern aus Edelstein. Sollten wir das am Abend zur Entspannung machen?
Zbyszewski: Es gibt zwar keine Studien dazu, ob Gesichtsmassagen wirklich etwas bringen. Wenn man es angenehm findet, spricht da aber nichts dagegen. Generell sollte man immer gegen die Schwerkraft arbeiten und Cremen oder Seren eher einklopfen als verschmieren.
STANDARD: Manche Menschen verwenden gar keine Pflegeprodukte und kommen mit Wasser allein aus. Sollen sie das beibehalten?
Zbyszewski: Gegen eine minimalistische Pflegeroutine ist prinzipiell nichts einzuwenden. Zumindest der Lichtschutzfaktor untertags sollte aber nicht fehlen. Da gibt es genug günstige Optionen, die bei Tests immer wieder sehr gut abschneiden.
STANDARD: Welchen dermatologischen Rat geben Sie uns sonst noch mit?
Zbyszewski: Nehmt Hautkrebsvorsorge ernst!
(Nina Schrott, 24.3.2024)